Dr. Leonhart Schitter, MA über die Zukunft der Energiebranche
Die weltweite Energiewirtschaft ist ein stets verändernder Bereich, der von technischen sowie digitalen Innovationen stark beeinflusst wird. Dr. Schitter schloss sein Masterstudium der Europäischen Energiewirtschaft 2012 an der FH Kufstein Tirol ab und war nun so nett seine Einschätzung der Entwicklung der österreichischen/europäischen Energiewirtschaft mit uns zu teilen.
1) Die Salzburg AG ist in punkto Digitalisierung der Energiewirtschaft eines der innovativsten Unternehmen Österreichs. Sind sie mit dem gegenwärtigen Stand dieser Entwicklung zufrieden?
Die Salzburg AG arbeitet mit ihrer 100%-Tochter Salzburg Netz GmbH auf Hochtouren an der Digitalisierung in der Energiewirtschaft. Für die flächendeckende Installation von intelligenten Zählern – sogenannten Smart Metern – wird zurzeit das Telekommunikationsnetz entsprechend ausgebaut. 95 % der neuen Stromzähler sollen bis Ende 2019 digital aus der Ferne ausgelesen werden. Die Kunden sollen über ein Webportal täglich Überblick über den eigenen Stromverbrauch bekommen. Das ist ein ambitionierter Zeitplan, wir sind mit den Entwicklungen zufrieden und wir leisten hier Pionierarbeit
2) Neben den Fragen der Abrechnung durch Smart Meter betrifft dies ja auch die Entwicklungen rund um Smart Grids im Netzbereich. An welchem Punkt der Entwicklung steht hier ihr Unternehmen?
Die Modellregion Köstendorf geht in die dritte Feldforschungs-Phase. Bisher konnten wir feststellen, dass sich Smart Grids kostendämpfend auswirken und mit einer 50 %-igen Kostenreduktion die Energiewende leistbar machen. Die Einspeisekapazität verdoppelt sich und die Verteilnetzbetreiber übernehmen in Zukunft eine zentrale Schlüsselrolle. In der bevorstehenden Köstendorf 3.0 Phase wollen wir verschiedene Tarifmodelle testen sowie Power-to-Heat und Power-to-Gas in Köstendorf einbinden.
3) In welcher Beziehung steht der Trend zur Digitalisierung der Energiewirtschaft zu den Zielen einer nachhaltigen Energiewirtschaft wie sie der Vertrag von Paris jetzt vorgibt?
Die Digitalisierung ist ein Treiber. Studien gehen davon aus, dass 2020 rund 50 Milliarden Gegenstände miteinander vernetzt sein werden. Energie wird zunehmend zum Lifestyle-Produkt und die Kundinnen und Kunden wollen Teil der Energiewende sein. Im Vordergrund stehen nach wie vor sichere Stromversorgung, Komfort, Kostenvorteile und Selbstbestimmung. Das Energiesystem muss also intelligenter werden.
4) Als Fachhochschule interessiert uns natürlich besonders die Frage, wie wir junge Menschen auf ein Arbeitsleben in der Energiewirtschaft vorbereiten können. Welche Anforderungen stellen Sie denn an Bewerber?
Das traditionelle Geschäftsmodell der Energieversorger nach dem Motto „erzeugen, verkaufen, liefern, verbrauchen“ hat ein Ablaufdatum. Daher müssen wir zunehmend zum Full-Service-Dienstleister, zur „Solution Company“ werden. Angetrieben von energiepolitischen Strömungen und der zunehmenden Verschmelzung zwischen E-Wirtschaft und Informations- und Kommunikationstechnologien ändern sich Kundenbedürfnisse rasch und neue Technologien müssen einfach in den Alltag integrierbar sein. Damit entstehen neue Herausforderungen für alle Energieversorger und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, denn die Erfüllung der Kundenwünsche muss für uns alle das Ziel sein und danach richten wir unsere Angebote aus.