Melanie Dehne, BA, BSc
Absolventin
Melanie Dehne ist Gebärdensprachdolmetscherin, seit Oktober 2016 studiert sie Web Business & Technology an der FH Kufstein Tirol. Die meisten ihrer Studienkolleginnen und -kollegen kommen direkt von der Schule, sie hingegen hat bereits ein abgeschlossenes Studium und mehrere Jahre gearbeitet. Das Arbeitsmarktservice hat ihr mit dem Programm Frauen in Handwerk und Technik (FiT) eine berufliche Umorientierung ermöglicht. Ein Gespräch über Aussichtslosigkeit, neue Chancen und Glück.
>> Melanie, von der Gebärdensprachdolmetscherin zur Web Business & Technology Studentin - das ist eine gewaltige Veränderung. Warum wolltest Du etwas ganz anderes machen?
Ich habe an der Hochschule Magdeburg Gebärdensprachdolmetschen studiert und sieben Jahre in diesem Bereich gearbeitet. Ich würde auch gerne weiter dolmetschen, aber ich will auch in Tirol bleiben und da ist der Haken. In Tirol gibt es kaum Festanstellungen für Gebärdensprachdolmetscher. Ich war lange selbstständig, aber das Risiko ist dabei sehr hoch und es ging einfach nicht mehr. Nach einer Reihe von Nebenjobs, die mich nicht glücklich gemacht haben, bin ich zum AMS gegangen. Dort habe ich die Auskunft bekommen, dass ich zwei Ausbildungen machen kann: Lohnverrechnung oder Altenpflege. Zuerst war ich ziemlich frustriert, aber irgendwas musste und wollte ich machen. Ich hatte mich schon für die Altenpflegerin entschieden, als die Beraterin dann gesagt hat „Nein, nein, wieso, es gibt ja noch so viel anderes!“. Dann hat sie mir vom Programm Frauen in Handwerk und Technik (FiT) erzählt.
>> Was ist das genau für ein Programm?
Das Programm wird österreichweit vom Arbeitsmarktservice angeboten. Teilnehmen können alle arbeitsuchenden Frauen, die sich umorientieren wollen hin zu einem handwerklich-technischen Beruf. Ich bekomme vom AMS finanzielle Unterstützung, zum Beispiel die Studiengebühren und eine monatliche Beihilfe zum Lebensunterhalt. Finanziell bin ich also abgesichert und kann mich voll aufs Studium konzentrieren. Außerdem habe ich Anspruch auf kostenlose Nachhilfe.
>> Und so konntest du dann studieren? Wie läuft das ab?
Ja genau. Das Auswahlverfahren besteht aus einem Test mit Fragen zu Logik und Technik, einer Art Intelligenztest. Dann hatte ich die Möglichkeit in einem Einzelgespräch zu erzählen, warum ich Unterstützung brauche, was ich vorhabe, wieso ich das nicht anders schaffe und dass mich Handwerk und Technik sehr interessieren. Ich halte mich für handwerklich recht begabt, ich spinne Wolle selber, schnitze, schöpfe Papier. Auch mit Programmierung habe ich mich schon eine Zeitlang beschäftigt. Ich habe gesagt, dass ich mir so etwas vorstellen könnte oder, wenn es eine Möglichkeit gibt, ich auch gerne nochmal studieren würde. Ich bin eben doch 31 und kann nicht ohne weiteres sagen, ich mach jetzt nochmal eine Lehre. Irgendwie muss ich mein Leben ja auch bezahlen. Ich hatte Glück und wurde in das Programm aufgenommen. Dafür bin ich sehr dankbar.
>> Wie ist der Ablauf des FIT-Programms?
Zuerst findet über mehrere Wochen ein Vorbereitungskurs statt. Ich habe dort andere Frauen kennengelernt, in unterschiedlichsten Situationen, die nicht mehr in ihrem Job arbeiten konnten. Dann habe ich erfahren, dass ich an der FH Kufstein Tirol oder am MCI studieren kann. Beim MCI waren die Bewerbungsfristen allerdings schon vorbei, Web Business & Technology in Kufstein hat aber noch aufgenommen. Und dann ging alles ganz schnell: Ich habe direkt eine Mail geschrieben, nach einer Woche war ich schon zum Intelligenztest in Kufstein, eine halbe Stunde später im Aufnahmegespräch mit dem Studiengangsleiter Prof. (FH) Dipl.-Informatiker Karsten Böhm – innerhalb einer Woche von ‚„ich hab die Möglichkeit gesehen“ zu „ich bin eingeschrieben“.
>> Bekommst du auch Unterstützung von der FH beziehungsweise vom Studiengang?
Genau dieselbe wie meine Studienkolleginnen und -kollegen. Im Einführungsgespräch sind wir drauf eingegangen, dass ich über das FiT-Programm komme. Prof. (FH) Böhm war ganz begeistert, dass jetzt die erste Frau über das Programm an der FH in Kufstein studiert. Das hat mich sehr gefreut. Wir werden alle auch sehr gut von der Studiengangsassistentin Michaela Lintner betreut, da ist kein Unterschied. Ich habe nicht das Gefühl, irgendwie bevorzugt oder benachteiligt zu werden.
>> Hast du schon Pläne für die Zukunft?
Ich bin gerade im ersten Semester und möchte jetzt erst mal mein Studium hier abschließen. Wenn ich mich jetzt nochmal drei Jahre in etwas reinhänge, dann soll mich das auch weiterbringen. Ich hoffe, dass ich dann eine gute Stelle bekomme, mich vielleicht ein bisschen spezialisieren kann. Vielleicht gibt’s Möglichkeiten das mit Gebärdensprache zu kombinieren. Irgendeine Nische wird’s schon geben, in die ich passe. Ich warte nicht darauf, dass Google anruft, ich mache das auch nicht, um reich zu werden, sondern einfach, um später eine Arbeit zu haben, die mir Spaß macht, wo ich mich wohlfühle und wo ich auch eigene Ideen einbringen kann.
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!