Die Studienreise des Masterstudiengangs Corporate Transformation Management führte die Gruppe unter anderem zu Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach Nürnberg.
FH Kufstein Tirol
Die Studienreise des Masterstudiengangs Corporate Transformation Management führte die Gruppe unter anderem zu Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach Nürnberg.

Studienreise: Institut für Grenzüberschreitende Restrukturierung zu Gast in Nürnberg, Leipzig, Coburg, Markt Erlbach und Naila

14.06.2023 | Exkursionen
Der Studiengang Corporate Transformation Management besuchten Unternehmen, die kürzlich Transformations-Maßnahmen umgesetzt hatten.

Das Institut für Grenzüberschreitende Restrukturierung der FH Kufstein Tirol ist eine grenzüberschreitende Plattform, die sich den Veränderungsprozessen von Unternehmen in der Transformation und im Turnaround annimmt. Die elfte Studienreise des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Corporate Transformation Management führte unter der Leitung von Markus Exler, Professor (FH) und Institutsleiter, vom 15. bis zum 17. Mai 2023 zu Unternehmen, die in jüngerer Zeit Transformations- oder Turnaround-Maßnahmen eingeleitet hatten beziehungsweise sich mit diesem Themenbereich beschäftigen. Die Reisegruppe war zu Gast bei der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Nürnberg, PHI Technik für Fenster und Türen GmbH in Markt Erlbach, Forster Fenstertechnik GmbH in Naila, Kanzlei Linse & Ehrlicher Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Coburg und bei der Landesbank Baden-Württemberg in Leipzig.

Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Nürnberg

Bei dem Wirtschaftsprüfer drehte sich alles um die Themen Organisationsstruktur und Restrukturierungsberatung. Die Studierenden lernten, dass es für die Beratungsleistung Restrukturierung und Transformation kein Acquisition-Prozedere gibt – das Geschäft kommt überwiegend über Direktanfragen aus dem Unternehmenssektor oder aus dem Netzwerk heraus. Häufig erfolgt die Rekrutierung von notwendigen Teammitglieder standortübergreifend und projektbezogen, die einzelnen Standorte werden aber von den jeweiligen Verantwortlichen mit Beratern besetzt. Vor der Angebotserstellung findet ein hausinterner Konflikt-Check statt. Handwerklich wurde es dann im Workshop Working Capital Management. Die Studierenden erarbeiteten die wesentlichen Einflussfaktoren wie Mahnwesen, Zahlungsziele, Einkaufsverhalten, Vorratsbestände und Konditionen. Für die Analyse und Auswertung der Daten kamen die Softwareprodukte von Alteryx und Tableau zum Einsatz.

PHI Technik für Fenster und Türen GmbH, Markt Erlbach

Insolvenz in Eigenverantwortung und Unternehmensnachfolge standen bei PHI auf dem Programm. Seit ihrer Gründung 1990 bietet die Firma Lösungen für technisches Zubehör, Eckschweißverbinder, Pfostenverbinder und Bio-Rasenkanten sowie Stahlrohrbearbeitung an. 2014 geriet das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten, als die EU Sanktionen gegen Russland verhängte. Die Folge waren Auftragseinbußen und die Schieflage eines größeren Kunden. Als Konsequenz beantragte die Firma Insolvenz in Eigenverwaltung. Die gesamte Familie durchlebte eine schwierige Zeit, da einzelne Mitglieder auch im Privatbereich mit dem Stigma der Insolvenz umgehen mussten. Mit einer Bedienungsquote von 20 Prozent an die Gläubiger und der Annahme des Insolvenzplans wurde das Verfahren 2015 aufgehoben. Die Unternehmensnachfolge leitete die Bestellung der Tochter, Lisa Kraft-Scheiderer, und des Vertriebsleiters Michael Müller in die Geschäftsführung ein. Als Maßnahmen für den berühmten frischen Wind standen unter anderem die Themen Installierung einer Photovoltaikanlage mit dem Ergebnis einer 30-prozentigen Eigenversorgung, die Einführung eines Cockpits zum Monitoring der Produktivität und eine papierlose Dokumentenblage für einen digitalen Workflow an. Belohnt wurden die Produktivitätsverbesserungen mit einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich.

Forster Fenstertechnik GmbH, Naila

Die Studierenden beschäftigten sich bei der Forster-Firmengruppe, welche im Fenster- und Fassadenbau, der Herstellung von Brandschutztüren und der Blechbearbeitung tätig ist, mit Distressed M&A und Post Merger Integration. Die Vermögensgegenstände der ehemaligen Pazdera AG am Standort Naila konnten im 2022 eröffneten Insolvenzverfahren im Zuge eines Asset Deals an die Forster Fenstertechnik GmbH übertragen werden. Parallel zu den Vertragsverhandlungen beschäftigte sich das Inhaber-Ehepaar Forster intensiv mit der möglichen Integration der Mitarbeitenden. Gem. §613a BGB gehen bei einer Vermögensübertragung die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber über. Mitarbeiterversammlungen dienten der Information und der Einholung der Zustimmung. Aufgrund eines erheblichen Investitionsstaus mussten nach der Übernahme umfangreiche Kapitalanlagen getätigt werden, um die Produktivität des Standorts zu steigern. Eine Maßnahme war die Anschaffung eines vollautomatischen Bohr- und Fräszentrums, welches mit 25 Werkzeugen Fensterrahmen vollautomatisch bearbeitet.

Kanzlei Linse & Ehrlicher Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Coburg

Im anschließenden Termin lernten die Studierende die Perspektive des Insolvenzverwalters sowie Asset Deals und Kanzleiorganisation kennen. Über das Vermögen der Pazdera AG, Coburg und Naila wurde im Dezember 2021 ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Herr RA Klaus-Christof Ehrlicher von der Kanzlei Linse-Ehrlicher Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Coburg bestellt. Den Betrieb am Standort Naila erwarb die Forster Fenstertechnik GmbH mittels einer Vermögensübertragung (Asset Deal). Die Verantwortlichen stellten den Studierenden den groben Ablauf des Verfahrens sowie die verschiedenen Tätigkeiten der Schattenverwaltung und die für das Verfahren notwendige Sachbearbeitung, wie Anmeldung zur Tabelle, Insolvenzbuchhaltung sowie der Umgang mit der elektronischen Akte vor.

Landesbank Baden-Württemberg, Leipzig

Um Sanierungsmanagement und Finanzgläubiger ging es bei der Landesbank Baden-Württemberg. Einleitend vermittelte der Gastgeber den Studierenden, dass insbesondere von Eigentümern geführte Unternehmen in Einzelfällen auch abseits der wirtschaftlichen Vernunft handeln. Häufig fehle es an geeigneten Instrumenten für das Monitoring bezüglich Warnsignale sowie an Sensibilität und Einsicht von Krisenursachen. Beim Überschreiten von Schwellenwerten übergibt die Marktbearbeitung das Kreditmanagement in die Intensivbetreuung der Marktfolge beziehungsweise in die Sanierungsabteilung. Bei einer sehr angespannten Liquiditätssituation des Unternehmens ist es durchaus üblich, bis zur Fertigstellung des Gutachtens einen Überbrückungskredit einzuräumen. Eine wichtige Aufgabe im Sanierungsprozess ist das Zurückgewinnen von Vertrauen, zu dem neben einer unabhängigen gutachterlichen Einschätzung auch der Restrukturierungsberater seinen Beitrag leistet. Sein erster Schritt muss aber das Anfertigen eines Liquiditätsstatus sein, um zu prüfen, ob das Unternehmen aufgrund von Zahlungsunfähigkeit gemäß §17 InsO Insolvenzantragspflichtig ist. Am Ende des Sanierungszeitraumes, der in aller Regel auf zwei Jahre ausgelegt wird, sollte die Betreuung des Unternehmens wieder an die Marktbearbeitung abgegeben werden. Als Voraussetzung gelten die vollständige Kapitaldienstfähigkeit oder auch der Drittbankentest, also die realistische Ablösung des Kreditengagements durch ein anderes Kreditinstitut.

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